51 Kilometer & 3100 Höhenmeter
Die Eiger-Nordwand ist mir durchaus ein Begriff. Ich weiß, dass sie hoch, steil und gefährlich ist. Sie liegt in den Schweizer Alpen südwestlich von Grindelwald und ist das Ziel vieler Bergsteiger. Ich bin keine Bergsteigerin. Und ich suche auch nicht gerade nach Gefahren. Und dennoch bin ich angemeldet für einen Ultratrail genau dort. In zwei Wochen geht es los…

Warum mache ich das?
Diese Frage stelle ich mir regelmäßig. Immer wenn ich mich wieder für einen Wettbewerb angemeldet habe und eigentlich ein Greenhorn bin. So wie damals für das 3-Tage-Mountainbike-Rennen in Israel oder meinen ersten Ironman. Grund 1 ist also: ich denke vorher einfach nicht nach.
Grund 2 ist vermutlich: ich liebe die Herausforderung. Ich liebe die Natur. Und beim Eiger Ultra bekomme ich beides zusammen. Ich habe mich ja extra nicht für den E101 entschieden, sondern für die „kleine“ Variante, die auch Panorama Trail genannt wird. Wenn ich mir Fotos und Videos der letzten Jahre ansehe, bekomme ich Gänsehaut. Diese Aussicht! Diese unberührte Natur. Tausend Mal schöner als ein Straßenmarathon. Oder?

Romantik vs. Realität
Nun ist es aber nicht so, dass ich nur von glücklichen Kühen, mit Schnee bedeckten Gipfeln und frischem Quellwasser träume. Spätestens seit meinem ersten 50km-Marsch vor zwei Tagen (ohne Berge…) und seitdem ich die Packliste mit obligatorischem Material für den Eiger gesehen habe, ist mir klar, dass das kein Zuckerschlecken wird. Wir haben bei uns zu tragen:
- Rucksack
- Mobiltelefon (immer eingeschaltet)
- Rettungsdecke von mind. 1.40m x 2m
- Pfeife
- Elastische Binde für einen Notverband mind. 200cm x 4cm (Kein Tape!)
- Eine Jacke für Schlechtwetter im Gebirge aus Gore-Tex oder ähnlichem Material, wasserfest (Wassersäule Minimum 10.000 mm) und atmungsaktiv
- Warme Langarmschicht wie Primaloft, Daune oder Thermo-Shirt (keine Baumwolle), mind. 150g (Armlinge sind nur mit einem zusätzlichen Ersatz T-Shirt erlaubt)
- lange Überhose, lange Laufhose oder Beinlinge (ganzes Bein überdeckend)
- Stirnband oder Mütze
- Sonnenbrille
- Handschuhe
- Persönliche, individuelle Verpflegung
- Wasserflasche, Wassersack oder Bidon (mindestens 5 dl)
- Persönlicher Trinkbecher mindestens 125ml

Alle guten Gründe sind 3
Im ersten Moment liest sich das alles etwas einschüchternd. Aber dann sehe ich mich um (vor allem bei Instagram) und stelle fest: für viele Trailläufer sind 51 Kilometer mit 3100 Höhenmetern gerade mal ein Warm Up. Und auch andere Trail-Neulinge haben schon verrückte Läufe geschafft. Wir haben immerhin 14 Stunden Zeit und sind grundsätzlich sehr fit. Wir, das sind übrigens meine Lauffreundin Heike und ich. Zusammen wollen wir den E51 bezwingen und uns gegenseitig pushen, wenn die Motivation mal in ein Loch fällt.
Das wird schon…
Ich weiß von mir auf jeden Fall, dass ich lange am Stück Sport machen kann – letztes Jahr beim Ironman war ich 12:45 Stunden unterwegs. Vorgestern beim Megamarsch war ich 8:30 Stunden auf den Beinen. Ich habe Wochen, in denen ich bis zu 20 Stunden trainiert habe – das ist ein Halbtagsjob mit stark erhöhtem Kalorienverbrauch. Ich mache seit sechs Jahren Triathlon und ich habe schon ein paar kürzere Trail-Wettbewerbe wie den Platinman und den Königswinter Halbmarathon mitgemacht. Ging gut.

Gute Verpflegung für viel Power
Wichtig ist, dass wir uns gut einteilen und gut versorgen. Ich habe beim 50km-Marsch vor zwei Tagen fast 3000 Kalorien verbraten. Während der 8:30 Stunden habe ich rund fünf Liter Wasser getrunken, Riegel und gesalzene Erdnüsse gegessen, Bananen und Milchbrötchen verdrückt. Was ich die zwei Tage danach alles verschlungen habe, erspare ich euch mal. Tatsache ist: Trailrunning macht hungrig. Das Coole am Eiger ist, dass die Versorgung aus der Region kommt: Naturriegel, Käse und Co von der Alm. Ich freue mich also nicht nur auf den Lauf, sondern auch auf den Gaumenschmaus vorher, währenddessen und danach. Vielleicht ist das ja der vierte Grund, warum ich solche Sachen mache: ich liebe Essen!

Ankommen ist das Ziel. Und…
… ich möchte wirklich unheimlich gerne diese tolle Medaille haben! Das Beste daran: für Heike wäre es die erste Medaille eh und je. Sie läuft zwar wie ein Reh und Berge machen ihr nichts, aber sie ist noch nie bei einem Wettbewerb mitgelaufen.

Ich scharre auf jeden Fall schon mit den Hufen, werde diese Woche noch zwei Einheiten Krafttraining für die Beine absolvieren, regelmäßig die Wettervorhersage für Grindelwald checken und hoffen, dass es nicht nur der schwierigste Wettkampf meines Lebens, sondern auch der schönste Lauf eh und je wird…
