Gastbeitrag von Nora Hespers
Ja, ich gebe es zu: Ich habe Jahre lang Pappbecher benutzt. Aber irgendwann hab ich angefangen drüber nachzudenken, ob ich das eigentlich so richtig finde.
Und bin zu dem Ergebnis gekommen: Nein, das ist natürlich nicht richtig. Nicht nur aus Umweltschutzgründen. Und trotzdem ist es mir nicht gelungen von heute auf morgen keine Pappbecher mehr zu benutzen. Einfach weil es ist so schön praktisch, sich morgens nicht erst tausend Gedanken machen zu müssen, bevor man das Haus verlässt.
Alte Gewohnheiten
Ich schlaf, so lange es geht, mach mich fertig – ach Mist, Frühstück schaff ich jetzt nicht mehr. Na egal – hol ich halt schnell noch was beim Bäcker. Brötchen in der (Papier)-Tüte, Kaffee im Pappbecher – ab in die nächste Bahn – da ist ja eh sonst nix zu tun, da kann ich ja in Ruhe frühstücken. Ist natürlich was anderes als aufzustehen und zu überlegen: OK, ich brauch auf jeden Fall erst mal nen Kaffee. Dann setz ich mal eben einen auf bevor ich unter die Dusche springe. Och nöö – gestern vergessen sauber zu machen. Jetzt muss ich den auch noch spülen. Nee, dann doch lieber einen unterwegs. Immerhin hab ich ja jetzt genau dafür nen Thermobecher. Aber beim Deckel aufschrauben ahne ich schon – nein, den hab ich auch nicht durchgespült als ich gestern Abend spät nach Hause gekommen bin und jetzt – nun ja, es ist nicht der angenehmste Geruch am frühen Morgen, der mir da in meine Nase steigt. Also geh ich einfach duschen, nehme mir vor, das morgen besser zu organisieren und ganz ausnahmsweise gönne ich mir heute noch mal einen Kaffee im Pappbecher. Aber echt nur noch heute! Kommt euch bekannt vor? Mir auch. Aber: es ist möglich sich umzustellen.
Knallharte Konsequenz: kein Kaffee
Klappt besonders gut, wenn man sich einfach mal die Konsequenzen spüren lässt und seinem inneren Kaffeesuchtschweinehund nicht nachgibt. Morgens keinen Bock, Becher nicht gespült, Kanne nicht gespült? Tja, dann gibt’s eben mal keinen Kaffee für unterwegs.
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Da darf man ruhig mal konsequent mit sich sein – ist ja für den guten Zweck! Meistens dauert es gar nicht soooo lange und man hat sich eine neue Routine antrainiert. Das ist ein bisschen als würde man mit seinem inneren Schweinehund in die Hundeschule gehen, damit er Sitz, Platz und Aus macht, wenn es drauf ankommt. Und genau das müssen wir mit unserem eigenen Schweinehund machen: ihm wieder ein bisschen Sitz, Platz und Aus beibringen. Das heißt ja nicht, dass er nieeeee wieder Spaß haben und herumtollen darf. Aber hey, im Prinzip wissen wir einfach alle, wie kacke diese Pappbecher- und Plastikdeckel-Nummer ist. Was schadet da ein bisschen Selbstdisziplin? Es geht ja nicht darum, nie wieder Kaffee unterwegs zu trinken, sondern einfach nur ein bisschen die Bedingungen anzupassen. Und wenn ich wirre Chaotin das geschafft habe, dann schafft ihr das auch!
Die Gastautorin
Die Gastautorin Nora Hespers ist freie Journalistin in den Bereichen Hörfunk, Bewegtbild und Social Media Management und schreibt als Anachronistin über einen Mann, der ihr Opa war und als Widerstandskämpfer im Exil gegen das Naziregime arbeitete.