Zwei Kilometer. Das sind nach Adam Riese 2000 Meter. Leider ist die See-Saison vorbei, also müssen wir uns nun wieder indoor vorwärts kämpfen. Kämpfen, weil ich eh immer mit dem Wasser kämpfe. Und kämpfen, weil ja noch andere Badegäste anwesend sind. Und mit baden meine ich baden – nicht schwimmen. Drei Bahnen sind abends meist reserviert für Schulen und Vereine. Die Kurzen machen drei Züge und sind weg. An der Kraft kann es also nicht liegen, dass ich nicht so schnell vorwärts komme. Es scheint tatsächlich eine Frage der Technik zu sein. Aber dazu gleich.
Was bedeutet es also nun für einen Triathleten indoor zu schwimmen? Vor allem bedeutet es, tiefe Abgründe zu sehen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Ich sehe den Beckenboden (des Schwimmbeckens). Ich bin es gewohnt, im See nicht so tief gucken zu können, aber hier geht es. Ein Grund zur Freude? Bei weitem nicht! Ich sehe nämlich viele Kacheln. Kleine blaue Quadrate, eines wie das nächste. Und ich sehe leider auch alles, was zwischen den Kacheln und mir ist – und das ist nicht nur Wasser. Ich will gar nicht ins Detail gehen, falls hier noch jemand Hunger hat. Aber von Haar -Konglomeraten über Pflaster bishin zu undefinierbaren Schwebeobjekten findet hier jede Kanalratte einen Haufen Futter. Da traue ich mich noch nicht einmal mehr richtig, schwungvoll unter Wasser auszuatmen. Kein Wunder, dass ich so schnell aus der Puste bin. Mehr Chlor bitte. Und vielleicht den ein oder anderen Filter. Klappt doch bei Instagram auch. Ein bisschen Retro oder Sunshine wären toll. Die zweite Bedeutung der tiefen Abgründe betrifft meine Schwimmtechnik. Ich will gar nicht erst von Stil sprechen. Eher von Bewegungen. Ja, ich bewege mich. Sogar schneller als die Nixen, deren Haare bloß nicht nass werden dürfen. Ich werde sogar richtig schnell, wenn sie mich nerven und ich an ihnen vorbei will. Aber kaum ist man neben ihnen, machen sie plötzlich einen unabsehbaren, unangekündigten, imbrünstigen Brustzug und treten mir dabei wahlweise vor die Finger oder in die Rippen. Ein weiterer Grund Atemnot zu bekommen. Wenn mir dann noch ein Brustschwimmer von vorne entgegen kommt, wird es eng. Und lebensgefährlich. Schwungvolle Seitenhiebe sind noch die glimpflichste Körperverletzung. Wahlweise treten auch die Schwimmer von der Nachbarbahn aus und untergehen die Absperrung. Leute, bleibt doch bitte dort, wo ihr hingehört.
Noch unangenehmer wird es, wenn die Krallen einiger Damen sich ruckartig an meiner Haut entlang schieben. Ich höre das Quietschen unter Wasser und bin hiermit offiziell für eine Nagelkürzungspflicht in Schwimmbädern. Und für drei Spuren auf einer Bahn. Jawoll, ich hätte bitte gerne dreispurige Schwimmbahnen. Plus für ein Verbot für Brustschwimmer auf der Bahn mit „Kreisverkehr“. Ich sage ja schon nicht „Bahn für Leistungsschwimmer“, weil ich mich längst nicht als Leistungsschwimmerin sehe. Aber ich sehe mich als Kreisverkehrerin und weiß rechts und links auseinanderzuhalten. Nichts für Ungut – ich war auch Jahrzehnte lang Brustschwimmerin – ohne Kopf unter Wasser. Aber jetzt, wo ich weiß, was einige Triathleten mit mir durchgemacht haben müssen, habe ich abgrundtiefes Verständnis.
Es gilt übrigens noch ein weiteres Problem zu lösen. Werte Damen, werte langhaarigen Herren – kennt ihr das, wenn man nach dem Schwimmen den Dutt nicht mehr gelöst bekommt? Ich stand heute ewig unter der Dusche und habe versucht, mit meinen aufgeweichten Fingernägeln dieses fiese Haargummi von meinem Schopf zu fummeln. Aber es ging nicht. Werden die Haare trotz Badekappe im Chlorwasser dicker? Plustern sie sich auf, weil sie sich auch ekeln vor all dem Schwimmzeugs im Wasser? Gibt es irgendeinen Trick dagegeben? Ein Shampoo? Eine Zauberkappe? Eine andere Frisur? Wenn das so weitergeht, dann habe ich demnächst eine Kurzhaarfrisur. Aber vielleicht schwimme ich dann ja schneller. Weniger Widerstand und so. Und Widerstand ist schließlich zwecklos. Das gilt auch für Euch, liebe andere Badegäste – wenn ich euch döppe, dann tue ich das nur aus Liebe, ganz sanft und niemals extra – und nur zwei Kilometer lang. Dauert bei mir auch nur mittellang…