Meine ersten 180 Kilometer

Anita Horn Mein Triathlon

Gestern sind viele Freunde und Bekannte bei den Ironman European Championship Frankfurt an den Start gegangen – und haben gefinisht. Wir sprechen hier von 3,8 Kilometern schwimmen, 180 Kilometern Radfahren und 42,195 Kilometern Laufen. Seit ein paar Tagen haben diese Distanzen für mich eine ganz neue Bedeutung.

 

Meine ersten 180 Kilometer auf dem Rennrad

Ich habe es endlich geschafft. Es ist schon so oft gescheitert. Wegen einer Erkältung. Wegen des Wetters. Aber nun bin ich endlich meine ersten 180 Rad-Kilometer gefahren. Die RTF* der RSG Ford Köln war das Ziel. Die Straßen waren trocken, als mein Wecker um 6:00 Uhr klingelt („Warum tue ich das hier eigentlich?“). Also rein in die Klamotten und rauf auf mein Rad. Fünfzehn Kilometer lockere Anfahrt quer durch die Stadt, Anmeldung für sechs Euro für die 155er-Strecke und weil ich vor Ort einen alten Rookie-Freund getroffen habe, musste ich nicht einmal alleine starten – mit der Abmachung, dass wir uns trennen, wenn das Tempo für einen nicht passt.

Die Strecke führte mit ständigen Schauern und dichtem Nebel über Odenthal, Hückeswagen, Wipperfürth und den Ort Anschlag (wie passend!) bis durch Meinerzhagen ins westliche Sauerland. Das liegt an der A45 und ist mit dem Auto schon weit weg! Was habe ich mir nur dabei gedacht? Schon bei Kilometer 90 hatte ich schwere Beine, diverse Gels und einen Cappuccino-Riegel intus (nur ein Kaffee am Morgen war definitiv zu wenig). Klar, wir haben auch versucht uns an eine Gruppe zu hängen und uns schon am Anfang etwas zu sehr verausgabt. Man will immer locker fahren und lässt sich dann doch anstacheln. Mist. Dafür haben uns am dritten Anstieg die Vernunft und mein Mantra ereilt: konstant und entspannt. „Du hast noch ein bisschen was vor dir“, habe ich mir immer wieder gesagt. Über 1640 Höhenmeter nämlich. Andere frühstücken gerade gemütlich im Warmen, dachte ich immer wieder. Die Fahrt vorbei an Bäckern, aus deren Stuben ein herrlicher Duft von frischen Brötchen strömte, maximierte meinen Neid ins Unendliche. Aber dann kam unsere nächste Keks-Station, eine kurze Pause für die Beine – und alles war wieder gut.

Das Anfahren nach den Pausen war allerdings alles andere als gut. Es war saukalt und die Kraft ist glaube ich irgendwo in Anschlag geblieben. Also habe ich noch mehr nachgetankt und zwei Waffeln gemampft, die ich mir in mein Rahmentäschchen gesteckt hatte. Um mich kurz zu fragen, wie viele Kalorien man während so einer Fahrt eigentlich zu sich nimmt. Ein echter Ironman plant seine Energiezufuhr vermutlich akribisch. Ich habe einfach alles genommen, was ich kriegen konnte.

 

Zusammen geht es leichter

Vor allem an der letzten Versorgungsstation – die ich erreicht habe, weil an der vorletzten Station ein Schild mit „noch 20 Kilometer zur nächsten Station“ hing – hatte ich mittlerweile Bärenhunger. Bock auf Burger mit Pommes. Und eine heiße Wanne. Jetzt zählte das Schild „noch 18 Kilometer bis ins Ziel“. Und tatsächlich kam am Ende sogar ein bisschen die Sonne raus, um uns zu wärmen. Meine Hände waren total angeschwollen – keine Ahnung ob vor Kälte oder vor Erstarrung am Lenker. Die Fahrer verdichteten sich, dann hier wurden die kürzeren und längeren Strecken wieder zusammen geführt. Eine gute Motivation, denn die meisten waren hier noch frisch und mit Pfeffer in den Beinen und wir haben uns mitziehen lassen.

180 ist mehr als Doppelte von 90

Der letzte Anstieg war lang und brannte. Aber wie auch immer es funktionierte, am Ende konnten Simon und ich nochmal richtig Gas geben. Ganz falsch haben wir unsere Kräfte offensichtlich nicht eingeteilt. Ach ja, wir waren noch zusammen unterwegs. Und dann waren wir da. Im Ziel. Ich mit 175 Kilometern auf dem Tacho und noch fünfzehn, die vor mir lagen. Dieser Heimweg war wohl einer meiner schwierigsten. Und zufriedensten. Endlich 180 Kilometer. Fast sieben Stunden reine Belastung, sieben Stunden Radfahren! 180 Kilometer sind nicht einfach nur das Doppelte von 90 Kilometern. 180 Kilometer sind verdammt viel. Und mal im Ernst – wie zum Henker soll man danach noch einen kompletten Marathon laufen?