Trimm-Dich-Pfade in Deutschland

Anita Horn Slider, Sport & Fun

Sportspielplätze für alle

Die Trimm-Dich-Pfade der 70er Jahre erleben eine Renaissance – als moderne Fitness- und Bewegungsparcours.

Kölner Grünstiftung

Von alten Ballonseidenhosen und Turnvater-Jahn-Atmosphäre fehlt jede Spur. Die Trimm-Dich-Pfade, so etwas wie die Freiluft-Fitnessstudios der 70er Jahre, sind heutzutage funktional bis futuristisch. Und gefragter denn je: vor allem in Großstädten gehören moderne Fitness- und Bewegungsparcours mittlerweile zum Stadtbild.

Aber zurück zum Anfang: Bis in die 1960er Jahre konzentrierte sich die Sportaktivität in Deutschland vor allem auf wettkampforientiertes Training für Männer. „Es war Aufgabe der Verbände und des Deutschen Sportbundes, auf eine Erweiterung der Sportangebote hinzuwirken“, so Andreas Klages vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). In den 70er Jahren startete deshalb die Trimm-Dich-Kampagne.

Mit Plakaten, Film- und Funkspots wurde die Bewegung „Trimm Dich durch Sport“ im März 1970 ins Rollen gebracht. 1980 hatten bereits 49 Prozent aller Deutschen die Anlagen schon einmal genutzt und machten die Trimm-Dich-Kampagnezur wohl größten Gesundheitskampagne, die es je gab. In den 90er Jahren nahm die Popularität ab. Heute ist das Ziel der modernen Parcours, Sportlern ein Ausdauer-, Kraft- und Konditionstraining zu ermöglichen – ohne Eintritt oder andere Zusatzkosten.

Idee stammt aus der Schweiz

Der klassische Trimm-Dich-Pfad besteht aus einen Rundkurs, auf dem in bestimmen Distanzen Übungsstationen errichtet sind. Die Idee stammt aus der Schweiz, dort spricht man von „Vitaparcours“. Ein Rundkurs hat meist eine Länge von zwei bis vier Kilometern und führt durch den Wald. Alle 200 bis 300 Meter ist ein Sport- oder Turngerät platziert. An diesen Geräten werden verschiedene Kraft- und Yoga-Übungen durchgeführt.

Trimm Dich

Der Franke Michael Meindl hat vor gut fünf Jahren begonnen, eine Übersicht aller deutschen Trimm-Dich-Pfade im Internet zu erstellen und bisher rund 500 Standorte gesammelt. „Ich suchte selbst einen Trimm-Dich-Pfad bei uns in der Umgebung, auf dem ich vor etwa 20 Jahren als Kind immer war, aber ich fand ihn nicht mehr und suchte nach Informationen im Internet.“

Als er auch dort nicht weiter kam, beschloss Meindl, eine eigene Internetseite zu erschaffen. Momentan ist er zusammen mit seinem Team dabei, alle Standorte mit GPS zu erfassen und Fotos zu erstellen, um sich online über den Zustand des Parcours informieren zu können.

Auch kleinere Städte ziehen nach

Wie viele Parcours und Nutzer es tatsächlich gibt, ist unklar. Es gibt keine Meldepflicht und somit auch keine genauen Zahlen, bedauert Andreas Klages vom DOSB.  Einen Forschungsbericht zur Nutzerstruktur hat 2008 Grit Hottenträger von der Hochschule Geisenheim veröffentlicht. Die Ingenieurin hat herausgefunden, dass je nach Lage und Geräteangebot unterschiedliche Zielgruppen angezogen werden. Auch ältere Leute und Frauen nutzen gerne die Möglichkeit, sich an den Geräten zu trimmen.

In Köln wurde im Herbst 2015 ein neuer Generationenpark eröffnet. Hier können alle Altersgruppen und Leistungsstufen trainieren. „Die Kosten lagen bei etwa 200.000 Euro“, sagt Beatrice Bülter von der Kölner Grün Stiftung. „Kleinere Parcours kosten meist etwa 60.000 Euro.“ Hinzu kommen Säuberung, Reparaturen und Ersatzgeräte.

ASICS Frontrunner am Parkour

Wie in Köln sind auch in Hamburg einige Parcours bekannt. So zum Beispiel der Sportpark im Wilhelmsburger Inselpark, der im Zuge der Internationalen Gartenschau 2013 entstanden ist. In München gibt es 17 Anlagen unterschiedlicher Größe, finanziert von der Kommune und zum Teil von Wohnbaugesellschaften, die Fitnessparcours in ihren Anlagen errichten. Auch Berlin kann mit rund 20 Standorten punkten. Viele kleinere Städte ziehen nun nach.

Wackelbrücken und Balancierseile

Was alle heutigen Parcours verbindet: die Geräte – meist aus Edelstahl und Holz – werden heute häufig an einem zentralen Ort eingerichtet. Am Rande einer Jogging-Strecke können Kraft, Koordination und Ausdauer kombiniert trainiert werden. Wichtig sind eine gute Erreichbarkeit und der Aufforderungscharakter, zum Beispiel durch Wackelbrücken und Balancierseile, Barrierefreiheit und breite Nutzungsmöglichkeiten. Das Angebot kann von Baumstämmen in verschiedenen Gewichtsklassen, über Cardiogeräte bis hin zum Hangelgerüst reichen.

Ob Zirkeltraining an ausgewählten Geräten, Stabilisierungsübungen oder Kraftausdauer – Trimm-Dich-Pfade gehören nicht nur in Deutschland, sondern auch in den USA, einigen asiatischen Ländern oder Spanien mittlerweile dazu. Eine individuelle Größenanpassung der Geräte ist zwar selten möglich, dafür sind sie kostenlos und immer verfügbar. Solange alle pfleglich damit umgehen.

Eine Übersicht über Trimm-Dich-Pfade gibt’s hier: www.trimm-dich-pfad.com

Diesen Artikel habe ich am 13.4.2015 auf sportschau.de veröffentlicht.