Hätte mir vorher jemand gesagt, dass ich jemals zwei Marathons und 4500 Höhenmeter machen würde – und das in dreieinhalb Tagen – dann hätte ich vermutlich laut gelacht und gesagt: das schaffe ich nicht! Aber ich habe es geschafft. Und ich will mehr!
Untergebracht waren wir in einem tollen AirBnB-Apartment in Sóller, mit Sonnenterrasse auf dem Dach und Blick in die Berge, Orangen- und Zitronenbäumen im Garten und einem Pfad direkt auf die Trails hinter dem Haus. Freitag Mittag sind wir mit etwas Verspätung angekommen und haben uns direkt in unsere Laufklamotten geschmissen, um die Gegend zu erkunden. Vorher mussten Sandra und ich erstmal das klassische Problem klären: WAS ZIEHEN WIR AN?!

Trailrunning Mallorca
Unser Handgepäck war voller Sportklamotten, aber brauchten wir nun kurz oder lang, Armlinge oder nicht? Jacke, Mütze? Stirnlampe? Als Trail-Neuling ist man wirklich erstmal aufgeschmissen. Fünf Mal haben wir uns umgezogen und immer wieder zu Jan-Erik und Andrea rübergeschielt, um zu schauen, was die Trail-Kenner so tragen. Also gut, kurze Hose, knielange Socken, T-Shirt. Dünne Jacke und Armlinge für den Notfall. Bei 18 Grad und Sonne pur die einzig richtige Entscheidung. Dazu eine Stirnlampe, falls wir im Dunkeln zurück laufen müssen würden. Wir sind mit dem Mietwagen Richtung Port de Sóller gefahren und dort mit Trailrucksack, voll mit 1,5 Litern Wasser, direkt in den Berg. Für mich als Flachlandtiroler eine sofortige Herausforderung. Mein Puls schnellte in die Höhe und ich stellte sofort mein Gequassel ein, um meine Energie für´s Laufen aufzubewahren. Ein bisschen ging es über Wanderwege und Trampelpfade, dann wurde es aber schnell undurchsichtiger und am Ende war richtiges Kraxeln angesagt. Mit Händen und allen Kräften ging es über riesengroße Felsbrocken, durch Büsche und bauchhohe Grasbüschel – Klebegras, das sich an der Haut festzurrte und beim Weiterlaufen in die Haut schnitt. Ich werde auf jeden Fall Erinnerungen an die Trails behalten. Nicht nur mental… Oben angekommen wurden wir mit einer wundervollen Aussicht belohnt, ein Blick, der Sonne entgegen, wie sie sich im Meer spiegelte.

Trailrunning Mallorca
Über uns kreisten riesige Falken und die Luft war herrlich rein. Ich war geflasht, und das schon nach nur 3,5 Kilometern. Der Rest der Strecke galt dem Heimweg, bergab und kein bisschen weniger anstrengend als hinauf. Nach 1h20min waren wir wieder am Ausgangspunkt. Ich ahnte nun, was uns die kommenden Tage erwarten würde…

Trail FREITAG
Samstag. An Tag II führte uns Jan-Erik direkt hinter dem Haus ins Gebirge auf dem Pfad Richtung Deía. Auch hier ging es direkt hoch hinaus und meine Beine brauchten eine Weile, bis sie rund liefen – oder besser gesagt gingen, denn von hochlaufen war hier keine Rede. Die Steigung von teilweise 12 Prozent und mehr machte es unmöglich zu rennen. Es war ein herausfordernder Aufstieg im zügigen Gehtempo. Hartes Brot, aber wir kamen voran. Ich hinten dran und immer gewillt, die anderen nicht zu lange oben auf mich warten zu lassen. Ich weiß jetzt auf jeden Fall, dass ich nach meinem letzten Triathlon der Saison nicht einfach drei Monate kaum trainiere, sondern immer weitermache.

Trailrunning
Meine Fitness hat im Herbst offensichlich mehr gelitten, als ich geahnt hatte… Aber gut, mühsam ernährt sich das A-Hörnchen… Und ich wurde belohnt, denn neben einer ausgiebigen Pause in der Sonne mit Snacks und Wasser stand auf der zweiten Hälfte ein wunderschöner Küstentrail an und ich liebe das Meer! Zwischen Sa Cala und Alconàsser führte uns ein gefühlt unberührter Trail oberhalb des türkis schimmernden Wassers entlang. Mal über umgefallene Bäume, mal über vorbereitete Holztreppen und dann wieder durch Büsche und über Felsbrocken rauf und runter. Ich war sprachlos und habe alle paar Minuten Jubelrufe ausgestoßen. Ähnliche Laute, nur weniger begeistert, gab ich von mir, als mein linker Fuß plötzlich krampfte. Die ständigen Steine und Unebenheiten sind eben eine ganz neue Belastung für einen Stadtmenschen wie mich. Aber dank Salzkeksen und ein paar Schlücken Iso und getreu dem Motto „nicht einmal ignorieren“ ging es weiter. Kilometer für Kilometer. Gefühlt verging die Zeit wie im Flug. Am Ende waren wir aber über fünf Stunden unterwegs und haben es auf 22 Kilometer gebracht. Leider hat meine Pulsuhr ab Kilometer 15 keinen Saft mehr gehabt und die Strecke ab dort nicht mehr aufgezeichnet. Aber ich hatte noch genug Saft, um wieder heimzukommen. Alles andere war egal.

Trail SAMSTAG
Sonntag. Tag III. diesmal ging es in das Herz des Tramuntana-Gebirges. Mit dem Auto ein paar Kilometer Richtung Biniaraix und dann früh morgens in voller Montur – mittlerweile waren unsere modischen Fragen geklärt – rein ins große Grau. Berg Nummer 1 war bezwungen und es führte uns vorbei am Stausee Cúber, von dort entlang von Wasserrohren Richtung Tal, durch Tunnel und Trails vom Feinsten. Zwischenziel war das Refugio de Tossals Verds, wo wir uns Cola und Brot mit Öl und Tomaten gönnten, unsere Rucksackblasen wieder mit Wasser füllten und dann die Beine wieder in Tritt brachten.

Refugi Tossal Verds
Da es auch diesmal teils wieder so steil bergauf ging und wir nur gehen konnten, blieb mir genügend Zeit, die wahnsinnige Aussicht zu genießen. 1600 Höhenmeter verteilt auf 20 Kilometer haben wir an diesem Tag abgerissen. Grund genug, abends nur noch die Couch zu konfrontieren. Jan-Erik und Sandra haben weitere 12 Kilometer komplett zurück zum Apartment auf sich genommen. Andrea und ich wurden von einem netten mallorquinischen Paar nach Sóller gefahren. Hinsichtlich der vierten Tour am Montag wollte ich mir noch ein paar Körner aufsparen…

Trail SONNTAG
Tag IV – Abreisetag und nochmal Endspurt. Diesmal haben wir entschieden, mehr zu laufen, weniger zu klettern und nochmal meine Jubelrufe an der Küste hervorzukitzeln. Also sind wir mit dem Auto und gepackten Sachen Richtung Port Andratx und sind von dort Richtung Sant Elm an die Küste gelaufen. Auch hier ging es gnadenlos direkt in den Berg. Diesmal hatte ich aber besser gefrühstückt und genug Salz und Zucker in meine Rucksack-Getränkeblase gefüllt. Mit 1,5 Litern extra und Knabberzeug ging es also rauf auf den ersten Berg – und oben hatten wir einen herrlichen Blick auf Sa Dragonera, die Dracheninsel gegenüber. Nach den ersten acht Kilometern – und erstmal wieder unten angekommen, haben wir Kaffeepause in Sant Elm gemacht, Brot mit Olivenöl und Café von Leche genossen – dann ging es wieder ohne Gnade hoch – quasi um die Ecke der Inselspitze und mit für mich dem wunderschönsten Ausblick aller bisher gemachten Trailruns! Dieses tiefe, klare Blau des Wassers, die rot-braunen Felsen, die grünen Büsche und der strahlend blaue Dezember-Himmel! Alles zusammen hat für mich ein Werbeplakat für Trailrunning ergeben – nur halt in echt!

Rund um Sant Elm
Ich musste aufpassen, dass ich nicht stolpere. Denn statt auf jeden Tritt zu gucken, musste ich einfach die Weite genießen. Ein Traum! Ein echter, wahrer Traum! Danach ging es wieder Richtung Tal nach s´Arracó, wo es nochmal Cola und Kaffee gab.

Trail MONTAG
Die letzten vier Kilometer führten uns dann über die Straße zurück zum Hafen, so dass wir am Ende auf knapp 27 Kilometer und 1100 höhenmeter kammen. Wir pflanzten uns noch eine Weile in die Abendsonne, bevor es dann müde aber überglücklich zum Flughafen von Palma ging, auf direktem Wege nach Köln, wo angeblich in zwei Tagen Weihnachten sein soll… Wetter und Stimmung sind gerade eher auf Sommer eingestellt. Und sowohl Körper als auch Geist zehren heute und vermutlich auch noch die nächsten Tage von diesen unvergesslichen vier Trail-Tagen. Danke Jan-Erik für diese tolle Erfahrung, danke Andrea für deine nette Gesellschaft und danke Sandra für´s Dabei-Sein!

Weihnachten 2015
Ich weiß definitiv, dass ich mehr laufen werde, jeden Erdhügel, jede Erhebung mitzunehmen – um beim nächsten Trailrun noch mehr Höhen und Weiten zu schaffen…

Team & Trail
… um in Zukunft noch mehr von dieser wunderbaren Insel entdecken zu können!