Mallorca-Blog Teil 4: Ab auf die Schlbank!
10. April 2015
Mixed Tapes und Nachsitzen. Kommt Euch das auch irgendwie bekannt vor? Ich mochte das eine – das andere eher weniger. Irgendwie muss ich manchmal an meine Schulzeit denken, wenn hier im Camp von Kassetten und Co. die Rede ist. Nur hat das hier überhaupt nichts mit A- und B-Seiten oder miefigen Klassenräumen zu tun, sondern mit meinem neuen Lieblingsfach: Triathlontraining.
Ich gehe gern und freiwillig in AGs. An unserem letzten Ruhetag waren wir zum Beispiel bei einem Fahrrad-Workshop, um etwas über Wartung, Reparatur und Radwechsel zu lernen. Wie die i-Dötzchen hockten wir uns um ein älteres Alu-Modell von Focus und lauschten dem „Lehrer“. Toll, dieser Unterricht, in dem man sich dreckig machen darf, aktiv mitarbeiten soll und immer mal mit anpackt. Was ich in der Stunde gelernt habe? Vor allem, dass man nie auslernt. Triathleten sollten unbedingt etwas (mehr) über ihren Drahtesel wissen, damit sie nicht bei jedem lockeren Bremszug sofort zum Radshop laufen zu müssen. Ich glaube auch bei mir ist da noch Luft nach oben. Wir haben aber auch gelernt, dass man an der richtigen Stelle lieber zu einem Experten gehen sollte, anstatt selbst zu handwerkeln. Und damit man dem Experten erklären kann, worum es geht, sollten einige Vokabeln nicht fehlen. Von Umwerfer und Ritzel bis Übersetzung und Nachsitz(en). Ich glaube, ich mache bald mal freiwillig einen Test. Damit nicht nur der Sattel, sondern auch mein Wissen richtig sitzt.
750 + 4x[(2×25)x5] + 2×500 + 150
Außerdem gabs an unserem Ruhetag noch eine Schwimm-AG. Wir konnten einfach nicht still sitzen. Es hat sich also nicht viel geändert im Vergleich zur Schulzeit. Wir sind ins Wasser gehüpft – und haben am Ende irgendwie doch drei Kilometer Kacheln gezählt. Mathe für Fortgeschrittene. Die Formel: 750+4x[(2×25)x5]+2×500+150. Ich habe mich zwischendurch ein paar Mal verrechnet, aber ich ich konnte zum Glück bei Valerie abgucken. Die hatte ihren „Taschenrechner“ dabei. Gut, wenn Uhren schwimmen können und Bahnen zählen. Und wenn ihre Besitzer hilfsbereit sind.
Das ist Valerie übrigens in jeglicher Hinsicht. Vor ein paar Tagen saß bei mir eine Rippe quer. Die hat sie erstmal wieder dorthin verfrachtet, wo sie hingehört und die Stelle gleich noch getaped. Einmal rund um den Brustkorb, mit schwarzem Klebeband. Kunstunterricht to go, in Tateinheit mit einem Bio-Chemie-Kurs. Ich habe das Tape in der Pause danach nämlich schön in der Sonne am Sportpool brutzeln lassen. Und weil es schon ein paar Eselsohren hatte und ich das Knibbeln noch nie lassen konnte, habe ich mit Erschrecken festgestellt, dass meine Haut darunter ganz hell blieb und alles drum herum immer brauner wurde. Ich habe Valerie also gebeten, das Tape wieder abzumachen, denn an das Stück am Rücken kam ich nicht ran. Und als hätte ich es geahnt, hat sie mir mit einem kräftigen Ruck das ellenlange Stück Tape vom Rücken gerissen. Jetzt war der Streifen rot-weiß und der Rücken direkt mit enthaart. Wie machen das eigentlich männliche Triathleten?
Ich bin übrigens nicht die Einzige, die hier mit Streifen herum läuft. An den letzten sonnigen Tagen, bei unseren Radausfahrten nach Son Soller de Marina und viele andere tolle Orte in der Umgebung, haben sich einige unserer Camp-Teilnehmer ordentliche Markierungen geholt. Nächste Lektion: Eincremen. Denn schon unser Erdkundelehrer wusste, dass auf Mallorca auch bei leichter Bewölkung die Sonnenstrahlen mehr Kraft haben, als der trainierteste Triathlet. Da sind meine Tapestreifen doch deutlich ungefährlicher. Und eigentlich sieht man ja kaum noch Sportler, die nicht mit dem sonderlichen, farbigen Streifensalat an irgendeinem Körperteil rumlaufen. Die meisten tun dabei so, als hätten sie eine Eins in der Klassenarbeit geschrieben. Egal ob im Nacken, am Knöchel oder quer über den halben Rücken. Egal ob in schwarz, rot, grün oder blau.
Das Mixed Tape hat seine besten Tage eben doch noch nicht hinter sich. Das Mixed Tape macht Schule. Und ich gehe gern wieder hin. Ganz ohne Nachsitzen.
Mallorca-Blog Teil 3: 24+ ist ein dehnbarer Begriff
25. März 2015
Woche III läuft. Will-Power-Triathlon-Trainingscamp in Pollença. Heute ist Ruhetag. Vorgezogen von morgen. Weil heute Weltuntergang ist, hier auf Mallorca. Regen, Sturm, Gewitter, grau in grau, die Palmen tanzen nicht mehr Tango, sondern Limbo und biegen sich durch, dass man nur so Staunen kann. Die Dinger sind beweglicher als so mancher Triathlet.
Montag ging es direkt los mit einer Radausfahrt in verschiedenen Gruppen und Geschwindigkeiten. Geplant waren eine Cappuccino-Fahrt für Einsteiger, um sich ein bisschen einzurollen, und drei weitere Gruppen – eine mit 50 Kilometern, eine mit 24+ km/h und eine ganz schnelle und lange Ausfahrt für die Langdistanzler hier. Am Ende waren die beiden anderen Gruppen aber auch über 24 km/h schnell. 24+ ist eben ein dehnbarer Begriff.
Die Sache mit den Kilos
Ich finde das sollte auch für das Gewicht meines Gepäcks gelten. Also hat es ja auf dem Hinflug schon. Das Sondergepäck in Form meines Radkoffers durfte offiziell 30 Kilo wiegen, bei mir waren es eben 30+. Um genauer zu sein 40 Kilo. Die Inline-Skates hätte ich vielleicht doch einfach zu Hause lassen sollen. Bei dem Wetter kann ich eh keinen Meter damit machen. Naja und Klamotten habe ich spätestens seit dem Shopping-Ausflug nach Palma ja auch eher zu viele als zu wenige. Ich musste eben noch nicht für fünf Wochen und drei Sportarten (3+, weil ja Inliner-Fahren für den geplanten Megathlon am Bodensee auch noch irgendwie mit auf dem Plan steht) packen. Aber ich weiß jetzt: Man braucht nicht mehr Gepäck als für zwei Wochen. Danach wird eh gewaschen. Vielleicht sollte ich meine Klamotten einfach mal raus hängen, an eine Palme. Schleudergang inklusive. Aber ob ich jetzt schmutzige oder saubere Sachen mit zurücknehme, wird nichts am Übergewicht meiner Koffer ändern. Also habe ich vorsichtshalber Zusatzgepäck gebucht. 15 + 20 Kilo – zusätzlich zu meinen 30 offiziellen Radkoffer-Kilos + 10 Kilo Handgepäck. Ich zieh den Rest dann einfach in Zwiebelschichten übereinander an und hoffe, dass ich mit ein bisschen Nettgucken durch komme. Zwecks Abholung am Flughafen: ich bräuchte dann bitte einen Transporter. Extragroß…
Und ich hätte gern gleich ein Taxi zum Frühstücksbuffet. Der Weg von meinem Apartment im Club-Hotel bis zum Speisesaal dauert zu Fuß etwa fünf Minuten. Bei dem Regenguss würde es sich entweder anbieten gar nicht zu gehen, einen Neo anzuziehen oder sich fahren zu lassen. Hätte ich mal einen Regenschirm mitgenommen. Aber ich wollte es halt nicht übertreiben mit dem Gepäck.
Obst unterm Pulli
Das einzig Gute ist: ich kann mich bei dem „gemischten Scheiß da draußen“ – wie hier neulich jemand das Wetter bezeichnete – und neun Grad Außentemperatur immerhin nicht erkälten. Das bin ich nämlich schon. Oder noch? Deshalb werde ich heute mal in den Nachbarort Alcúdia (und das wirklich mit dem Taxi) und werde mich durchchecken lassen. Schnupfen, Halskratzen, Ohren zu.
Hat manchmal Vorteile. Aber als Guide wäre ich hier schon lieber fit. Vielleicht muss ich noch ein bisschen mehr Obst vom Buffet entwenden. Bisher habe ich nämlich ab und zu eine Banane oder mal einen Apfel mitgenommen, als Mittagssnack. Darf man so etwas eigentlich? Ich meine, an der Bar gibt es nachmittags nur Sandwiches aus Weizenmehl mit Formschinken und Analogkäse – das ist doch nichts für Triathleten. Praktisch, dass ich so viele Pullis und Jacken habe – die man bei dem Wetter auch praktischerweise anziehen muss, um halbwegs warm Richtung Essen zu kommen. So fällt es kaum auf, wenn mal ein Früchtchen oder zwei oder drei unter dem Pulli verschwinden. Oder 24+. Ein bisschen Schwund ist ja immer.
Mallorca-Blog Teil 2: Es gibt kein schlechtes Wetter…
20. März 2015
Es gibt kein schlechtes Wetter , es gibt nur schlechte Kleidung, hat mein Geografie-Dozent immer gesagt. Deshalb ist es wichtig, als Sportler und Triathlet genügend Klamotten zu haben. Badeanzüge, Speedsuits, Shorty und einen Neo zum Schwimmen. Dazu Pull-Buoy und Brettchen, diverse Schwimmbrillen, Kappen, Flossen und Paddles.
Armlinge und Beinlinge, Longsleeves, lange, mittellange, kurze und ganz kurze Radhosen mit mehr oder weniger Sitzpolster je nach Strecke, Westen und Windjacken, Trainingsmützen, die einem nicht vor Hitze die Birne platzen lassen und am besten noch ein Handvoll Buffs. Das sind diese Tücher, die aussehen wie eine Mischung aus zu langer Schal und Putzlappen. Motorradfahrer nutzen sie gern in gedeckten Farben als Mundschutz, Triathleten lieben sie knallbunt als Stirnband, Mütze, Halstuch und wenns sei muss auch als Handtasche. Ich habe seit letztem Sonntag zum Beispiel ein Buff mit Steinaufdruck – vom K21 Trail Marathon in Paguera. So kann ich zur Schau tragen, wo ich schon alles mitgemacht habe. Statt T-Shirt. Denn die sitzen meist nicht so gut bei mir und ich trage eh lieber ärmellose Sachen und ziehe eine Jacke drüber. Womit wir wieder beim Thema wären. Natürlich braucht ein Triathlet zum Laufen auch entsprechende Hosen, enge, lockere, lange, halblange und kurze, dazu Tops, Kurz- und Langarmshirts, noch mehr andere Jacken und Westen ohne Radtaschen (die würden bei hohen Geschwindigkeiten ja nur bremsen). Hinzu kommen einige wenige Accessoires wie Sonnenmütze, Sonnenbrille, Brustgurt oder Bauchtasche für längere Einheiten, Pulsuhr, Brustgurte sowie GPS-Gerät und natürlich der Einteiler für das Training, Wettkampf-Klamotten in Form von Ein- und Zweiteilern mit passenden Trainingsjacken für davor und danach, um nicht auszukühlen. Achja, Reflektoren, Handschuhe, und Thermoklamotten für ganz kalte Tage. Mindestens das. Und noch viel mehr.
Von Kopf bis Fuß auf Lila eingestellt
Das Wichtigste sind natürlich die Schuhe. Deshalb widme ich diesem Thema einen eigenen Absatz: Neben den Rad- und Überschuhen habe ich Neoschuhe (eigentlich vom Kitesurfen, aber bei meiner ersten Sprintdistanz in Köln am Rheinauhafen bei 14,2 Grad Wassertemperatur habe ich tatsächlich die Neoschuhe benutzt) und natürlich zahlreiche farbreiche Laufschuhe. Lila mit pink und gelb, schlicht blau-grau, schwarz, mit dicker und dünner Sohle, zum Schnüren und mit Schnellschnürern, schnell trocknend und mit gutem Profil für Trails und Schlammschlachten, mit weniger Profil für schnelle Schönwetter-Läufe und wenn ich mich richtig erinnere, komme ich damit auch mindestens vier verschiedene Marken je nach Anlass. Eigentlich bin ich ja Brooks-Läuferin, ich habe aber auch Nike Frees und Asics-Modelle für Wettkämpfe und matschige Trainings.
Dazu ein paar No-Names als Freizeitschuh, weil er sie hübsch und gemütlich sind. Achja, natürlich habe ich eine Extra-Kleiderschrank für all diesen Kram. Und weil ein Triathlet ja selten nur schwimmt, Rad fährt und läuft, sondern aus Ausgleich gern mal Winterurlaub macht, surft oder ins Fitnessstudio geht, übertreibe ich sicher nicht, wenn ich sage: wir haben schon eine ziemlich ausufernde Ausstattung. Der eine mehr, der andere halt noch mehr.
Das kleine Schwarze
Jetzt ist es ja so, dass nicht immer alle Klamotten zusammen passen. Eine pink-schwarz getigerte Hose mit türkisfarbenen Schuhen, die orange-rote Schnürsenkel haben und dazu ein neongelbes Top mit neon-lila Nähten, dazu ein thematisches Buff-Tuch – da kann einem schon mal anders werden. Ich finde auffallen ja grundsätzlich okay.
Klamotten, Teamkleidung und Helme mit leuchtenden Farben zu tragen, befürworte ich auch sehr – so wird man möglicherweise weniger schnell übersehen und kann im Straßenverkehr besser auf sich aufmerksam machen. Aber ein bisschen Geschmack darf man als Triathlet gern an den Tag legen. Im Einteiler ist es da wie mit dem kleinen Schwarzen oder dem Frack – hier kann bis auf die Passform nicht soviel schief gehen. Und das reicht als Fauxpas oft schon. Gut ist es also, wenn man ein paar dezente Klamotten oder einiges von ein und der selben Marke hat, das man wild durcheinander kombinieren kann. Und sich auf das Training und nicht auf den Look konzentriert. Es muss ja nicht immer das neueste Zeug sein, und preislich gibt es sicher Sachen für jeden. Jetzt herrschen auf Mallorca aktuell sehr unterschiedliche Wetterbedingungen und mein kleiner Koffer hat leider nicht genug Platz für fünf Wochen Trainingscamp hergegeben. Also habe ich gestern einen Ausflug nach Palma gemacht. Shoppen. Den ersten Teil des Ruhetags hatte ich mit Maniküre, Spitzenschneiden und Haare tönen (alles selbstgemacht versteht sich) verbracht. Dieses Mal haben also nicht meine Muskeln, sondern die Kreditkarte geglüht. Am Ende des Tages war ich um zwei Einkaufstüten grau-grüne und lila Bekleidung reicher, um einige Euro ärmer und so kaputt, dass ich sogar kurz Zeit hatte, ein Nickerchen auf meinem Hotelbett zu machen und darauf zu hoffen, dass der Wind meine Fenster nicht herausreißt. Die Palme, auf die ich von hier aus gucken kann, tanzte im Sturm Tango und die Laufräder meines Sir Ridleys pfiffen schon beim lockeren Rollen durch den Wind. Da hilft kein stylischer Helm und auch keine neongelbe Weste – den Lenker muss man einfach im Griff haben. Bei Eistemperaturen draußen bringt mir der schönste Neo nichts, wenn das Schwimmen im Wettkampf ausfällt. Und neulich wusste ich beim Laufen schon nach ein paar hundert Metern nicht mehr, welche Reißverschlüsse ich noch schließen sollte, damit es nicht überall reinregnet. Das Ergebnis: eine dicke Erkältung. Ich muss meinem Geografie-Dozenten also leider in beiderlei Hinsicht widersprechen: es gibt nicht nur schlechte Kleidung, es gibt im Triathlon auch viele hübsche Sachen. Aber es gibt sehr wohl auch schlechtes Wetter – bei dem es sich ganz wunderbar ruhen oder einkaufen lässt. Im Triathlon hat am Ende eben doch alles sein Gutes.
Mallorca-Blog Teil 1: „Ich schaue mir gleich mal deinen Vorbau an“
16. März 2015
Eine Woche lang bin ich jetzt schon im Trainingscamp auf Mallorca. Und genau eine Woche lang versuche ich schon, diesen Text hier zu schreiben. Aber ich komme zu nichts. Mein erstes Fazit ist deshalb: ein Triathlon-Trainingscamp ist kein Urlaub.
Das stellte vor ein paar Tagen auch ein Teilnehmer während unseres Tapas-Abends fest. Vor dem Ruhetag ohne Sport und ohne straffen Zeitplan sagte er bei seinem Lachanfall: „So habe ich hier im Urlaub noch nie geschwitzt. Ach nein, das ist ja gar kein Urlaub.“ Und Recht hat er. Wobei das mit dem Schwitzen hoffentlich nur ein Scherz war.
Letztes Jahr war ich als Teilnehmerin im Will-Power-Camp in Pollenca dabei. Diesmal bin ich als Guide im Camp von Jorge Sports hier. Und lerne jeden Tag viel dazu. Zum Beispiel, dass es keinen Triathlon-Einsteiger gibt, die nichts kann. Fazit II: Wer nicht gut laufen, radeln oder schwimmen kann, ist immerhin beim Tanzen, Relaxen oder am Buffet vorn dabei. Zwischen Puddingteilchen und frittiertem Tintenfisch muss man als Triathlet erst einmal klar kommen. Am Anfang steht ja doch irgendwie die Gier, die Augen sind größer als der Bauch und man will alles zumindest mal probieren. Gut, dass ich insgesamt fünf Wochen auf der Insel bin. Ich bin mir sicher, dass die erste Woche kalorientechnisch eine Ausnahme war. Da ich als Guide ja auch ein bisschen Vorbild sein möchte, werde ich in der zweiten Camp-Woche mit den neuen Teilnehmern zusehen, dass ich mehr Obst und weniger Karamell-Creme esse. Klappt bestimmt.
Fazit III lautet also: Nur weil wir hier viel Sport machen, heißt das noch nicht, dass wir zehn Portionen am Tag futtern sollen. Fazit IV: Verzicht ist auch keine Lösung. Ohne Kaffee am Morgen kann ich trotzdem keine einzige Bahn schwimmen. Und ohne Schokoladen- und Nougat-Notfall-Rationen überstehe ich keinen einzigen Tag. Energie ist wichtig. Sehr wichtig.
Die erste Gruppe hier im Camp war genial. Und ich konnte ein bisschen helfen, den Teilnehmern die Angst vor ihrem ersten Triathlon zu nehmen. Ganz einfach, indem ich meine ersten Pannen zum Besten gegeben habe. Zum Beispiel von meinem ersten Wechsel in Köln am Rheinauhafen, für den ich acht Minuten brauchte. Oder von meinem Wechsel in die Laufschuhe, als ich den Helm nicht abgesetzt habe. Fazit V: Es gibt immer Geschichten zu erzählen. Und im Nachhinein sind sie auch meistens zum Lachen. Wenn auch meist nur für die anderen.
Ähnlich ist es mit typischen Triathleten-Ausdrücken. Neulich beim Abendessen hieß es zum Beispiel mit völlig ernster Miene eines männlichen Guides zu einer jungen Teilnehmerin: „Ich schaue mir gleich mal deinen Vorbau an“. Dass es sich dabei um das Rennrad drehte und nicht um einen schlechten Anmachspruch, haben wir verstanden. Die anderen Gäste des 4-Sterne-Hotels eher nicht. Auch schön war das Gespräch, dem ich an einem regnerischen Tag in der Lobby lauschte: „Heute stehen vier Stunden Ausfahrt auf meinem Plan“, sagte da einer. Aber ich fahre lieber nur drei Stunden Rad.“ Apropos Rad. Für die lange Zeit hier habe ich natürlich mein eigenes mitgenommen. Sir Ridley auf Reisen. Der Radkoffer hat mich allerdings schon vor Reisebeginn erste Energie und Nerven gekostet. Wenn man so ein großes schwarzes Monstrum noch nicht benutzt hat, kommt man beim Packen ganz schön ins Schwitzen. Reifen abmontieren, Aerolenker verschieben, damit der Koffer zugeht, Rahmen mit Folie umwickeln und ein paar Pullis hinein stopfen, damit nichts mehr wackelt und verrutscht. Das hat an und für sich auch geklappt. Allerdings haben die Klamotten jetzt an diversen Stellen Kettenöl-Abdrücke. Beim nächsten Mal nehme ich dann doch Mülltüten dazu. Fazit VI: Ein Triathlet weiß nicht alles. Ratschläge zur Fleckenentfernung sind also herzlich willkommen.
Manchmal sind Tipps übrigens totale Auslegungssache. Bei unserem ersten Vortrag ging es unter anderem um das Thema Ernährung als Triathlet und hier im Camp. Ein Punkt lautete: kein Nüchtern-Training. Denn wenn die Speicher einmal leer sind, wird es von Trainingseinheit zu Trainingseinheit schwieriger (bis unmöglich), sie wieder aufzufüllen. Eine Teilnehmerin hat diese Bitte sehr individuell ausgelegt und sich vor dem morgendlichen Schwimmtraining einfach ein Glas Sekt gegönnt. Fazit VII: Man sollte sich als Guide stets klar und unmissverständlich ausdrücken.
Ich habe mir am Sonntagabend übrigens auch ein Sektchen gegönnt. Nach zwei ziemlich spontanen Halbmarathons am Wochenende.
Samstag sind wir zu dritt losgelaufen und in den Naturschutz- und Wanderpark Galatzó gekommen. Als uns ein paar Läufer mit Medaillen um den Hals entgegen kamen, wurden wir neugierig. Sie hatten einen Trail-Wettbewerb absolviert. Am nächsten Tag sollte es noch einen geben. Also haben wir uns kurzfristig für den Adventure-Trail-Halbmarathon K21 Mallorca angemeldet, sind am Sonntagmorgen mit dem Taxi zur Finca de Galatzó gefahren und von dort aus 21,1 Kilometer über Stock und Stein und Kies und Geröll den Berg hochgelaufen. Die Steigung hat mir schon nach 150 Metern fast die Schuhe ausgezogen. Insgesamt 601 Meter ging es hoch und 788 wieder runter – mit klatschnassen Schuhen von den Flussläufen und Matschlöchern und nicht ganz krampffrei – aber es hat sich gelohnt.
Der Blick vom letzten Hügel auf die Bucht von Paguera und den Playa de Tora, wo das Ziel auf uns wartete, war unvergesslich. Nach 2:33:42 Stunden war ich da.
Und am Pool habe ich mich dann gefühlt wie ein Profi. Denn die können den ganzen Tag trainieren, schlafen und essen. Und ratet mal, was ich gemacht habe, bevor die neue Gruppe für das Mallorca-Triathlon-für-Einsteiger-Camp Teil II angereist ist… Schließlich hatte ich mir vorgenommen, frisch ausgeruht in die neue Camp-Woche starten.
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