Wie sagte kürzlich noch ein Freund zu mir? „Es gibt keine Motivationstiefs. Höchstens Motivationsplateaus – und die auf hohem Niveau.“ So habe ich das noch gar nicht gesehen. Manchmal habe ich nämlich keine Lust zu laufen. Weil es kalt ist. Ich Hunger habe. Oder eine andere Ausrede. Aber am Ende gehe ich ja doch. Weil es gar nicht wirklich kalt ist. Und der Hunger auf eine schöne Runde im Park größer ist als auf Wok-Gemüse.
Vielleicht jammere ich manchmal nur, weil ich Mitleid erwecken will. Dass ich zehn oder zwölf Kilometer Laufen im Trainingsplan stehen habe. Oder zwei Stunden Radfahren. Funktioniert meist aber nicht, das mit dem Mitleid. Von Langdistanzlern kriege ich dann eher sowas zu hören: „Wie? Nur so wenig?“ Und von Menschen, die eher weniger Sport treiben, heißt es dann: „Du hast es gut, kannst mitten am Tag laufen gehen.“ Oder: „Ich sitze im Büro, bei dem Wetter gibt es doch nichts Schöneres.“ Das mit dem Wetter ist aber so eine Sache, wenn ich das mal kurz erwähnen darf. Als Journalistin betrachte ich den warmen Winter nämlich sehr kritisch. Der Klimawandel ist mitten unter uns und vermutlich sind wir sogar mitschuldig. Die Geografin in mir empfindet die zwölf Grad da draußen sogar als absolute Vollkatastrophe. Die Vögel singen, als ginge gerade die Balzzeit los. Einige Bäume fangen fast schon wieder an zu blühen. Und selbst die Menschen in meinem Umfeld drehen durch, machen freiwillig ihren Frühjahrsputz, sitzen bei einem Getränk im Biergarten, um sich abzukühlen, oder rasten jeden Tag ein bisschen mehr aus, weil das Wintergeschäft gerade nicht besonders gut läuft. Ich raste allerdings auch ein bisschen aus – vor Freude. Die Triathletin in mir schreit gerade nämlich laut: Juhu! Ausdauersport draußen? Was gibt es da besseres als diese tropische Wetterfront? Laufen, ohne auf Schneematsch auszurutschen – herrlich! Diese Woche standen bei mir Athletiktraining und drei Laufeinheiten auf dem Plan, inklusive Temposteigerung und Hock-Streck-Sprüngen. Dabei musste ich irgendwann einsehen, dass meine Mütze und die Handschuhe übertrieben waren. Meine GA1-Radeinheit konnte ich absolvieren, ohne zwei Scheibenwischer auf der Brille zu vermissen oder mit schockgefrosteten Füßen in den Klicks zu stecken. Viel eher musste ich zusehen, dass ich durch die tiefstehende Sonne die Ampeln richtig interpretiere und in der Spur bleibe. Ab und zu musste ich einfach den Blick auf die braun-gold glänzenden Felder genießen. Und um selbst ein bisschen braun zu werden, bin ich sogar mit kurzer Hose Mountainbike gefahren. Eigentlich müssten jetzt nur noch die Freibäder öffnen. Dann könnte ich mein Schwimmtraining zweimal pro Woche auf die 50-Meter-Bahnen im Sportbecken verlegen, ohne dass mir hyperaktive Kinder dabei auf meinen Kopf springen. Zum Rumliegen im Freibad wäre es ja zum Glück trotzdem zu frisch.
Aber ehrlich gesagt fürchte ich, dass das Wetter nicht so bleiben wird. Vielleicht schickt der Wettergott uns im Frühling fiesen Eisregen und lässt bei Minusgraden unsere Radausfahrten platzen. Im Mai schickt er dann bestimmt tonnenweise Regen oder und im Juli Bodenfrost. Die Fußball-WM wird zum Wintermärchen. Aber Moment – am Final-Wochenende ist ja der Triathlon in Hamburg. Der darf auf keinen Fall bei Winterwetter stattfinden! Nicht, dass am Ende die Zuschauer wegbleiben. Oder ich auf den Start verzichten muss, weil mir als Triathlonneuling elementar wichtige Raderfahrung rund um den Gefrierpunkt fehlt. Also: genug gejammert. Rein in die Thermoüberschuhe und rauf auf das Rad! Lieber Herr Winter, ich bin bereit. Schick dein meteorologisches Tief. Jetzt! Ich bin mir sicher, dass es sowas gibt. Und das auf hohem Niveau.
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