Was für ein Tag! Ich bin so entspannt in diesen Wettkampf gegangen, wie noch nie zuvor. Mag daran gelegen haben, dass ich nur mittel-viel trainiert habe. Ich habe einfach auf die Fitness durch die Triathlon-Saison gehofft. Und obwohl ich unbedingt unter vier Stunden bleiben wollte, habe ich mir keinen Stress gemacht.
Wieso auch – ich hatte wie immer die beste Unterstützung am Start, meine Eltern, die weder zu überhören noch übersehen sein würden. Und ich bin auch gar nicht alleine gelaufen. Bis Kilometer 32 war mein Großcousin Jakob an meiner Seite. Für ihn war es der erste Marathon und ich habe mich als Motivatorin versucht, so war ich abgelenkt und habe erst, als ich ohne ihn weiter gelaufen bin, gemerkt, wie sehr mir eigentlich alles weh tut.
Wir sind in einem super Tempo gestartet. Da wir im hintersten, grünen Startblock waren, aber eine eher un-grüne Zielzeit angepeilt hatten (wollten beide unter 4h laufen), haben wir direkt am Anfang dutzende Leute überholt und uns Sprüche angehört wie „das wird anstrengend so“ oder „na dann viel Spaß“. Aber davon haben wir uns nicht beirren lassen. Bis km20 haben wir uns auch wunderbar unterhalten. An km10 und 20 standen auch unsere Eltern und Jakobs Freundin. An km 24 standen die mach3-Mädels Steffi (die morgens den Halbmarathon in einer Bombenzeit gelaufen ist und dann noch geholfen hat!), Simone und Kati. Ihr seid ein Traum! Zwischendurch habe ich dann noch Leute getroffen, die ich auch kannte, aber nicht wusste, wo sie stehen würden – danke Nadia, Lele, Ben und Co – für´s Finden und Zujubeln. An km27 stand Thomas, der mich nach der gefühlt ewig langen Schleife durch den Kölner Norden bei km35 auch nochmal ein Stück mit Musik und dem Fahrrad begleitet hat – das war überaus hilfreich. An dieser Stelle hatte ich nämlich keinen Bock mehr. Aber ich hatte das Ziel fest vor Augen – erst einen Blick auf den Dom und dann die Komödienstraße runter geradewegs auf die letzte Matte zu…
Also Augen zu und durch. Und auch wenn die letzten vier Kilometer verdammt hart waren, war dieser Teil der Strecke der schönste. Auf dem gesamten Kölner Ring standen so unfassbar viele Leute, die Krach gemacht haben, die die Namen auf den Startnummern geschrieben haben, ob sie uns nun kannten oder nicht. Sie haben getrommelt, getrillert, gerufen, motiviert („gleich hast du es geschafft“, „halte durch, du packst das“), dass mir ja fast die Tränen kamen. Dann ging es noch die Fußgängerzone lang mit etwas Kopfsteinpflaster, aber das war nu auch egal. Durch den Tunnel der Anfeuerer und dann: der Dom! Wow, obwohl ich da vor zwei Jahren auch vorbei gelaufen bin, beim Marathon, war es diesmal anders. Ich hab ihn gesehen und einen Adrenalinschub bis in die Zehenspitzen verspürt, dass mir ganz heiß wurde. Ich habe richtig Power bekommen, die Endorphine sind regelrecht durch meine Blutbahnen geschossen und die letzten paar hundert Meter echt nochmal einen Sprint hingelegt, dass ich nochmal ein paar Leute überholen konnte. Letzte Kurve und da waren die Tribüne und das Ziel! Jubel! Freu! Renn! Ein Blick auf die Uhr, dann nochmal einen Zahn zugelegt, denn ich hab gedacht, wenn du jetzt nochmal alles gibst, dann hast du noch die 45min da stehen. Und Tatsache, nach 03:45:59 Stunden habe ich das Ziel erreicht und war völlig überrascht. Unter vier Stunden wollte ich bleiben und selbst da war ich mir nicht sicher, ob es klappt. Selbst, als wir die Pace-Maker für vier Stunden mit den blauen Ballons hinter uns gelassen haben, etwa auf halber Strecke, dachte ich noch, das kann nicht sein und es kann immer noch was schief gehen (rechnen konnte ich da schon längst nicht mehr). Aber es hat gereicht!
2235 Kalorien, ein Durchschnittspuls von 164 S/min und um fast eine Stunde zu meinem ersten Marathon vor zwei Jahren verbessert, eine viertel Stunde schneller als geplant – ich war durchaus zufrieden!
Danach gab es erstmal Umarmungen, warme Klamotten und natürlich das obligatorische Medaillen-Foto.
Heute, am Tag danach, habe ich ordentlich Muskelkater, meine Knie fühlen sich an wie Betonklötze und ich habe einen Hunger, dass es fast nicht mehr feierlich ist. Und ich habe einen Plan: nie wieder Marathon. Auch wenn ich das vor zwei Jahren schon gesagt habe…