Es gibt viele olympische Disziplinen, die recht leicht aussehen. Aber wenn man sie dann mal selbst ausprobiert merkt man schnell, dass sie seit 1972 nicht ohne Grund Teil der olympischen Spiele sind. Ein Beispiel dafür ist das Bogenschießen.
Der wohl bekannteste Schütze war Robin Hood, der Held, der sein Ziel niemals verfehlte. Ich wollte es genauer wissen und habe beim Kölner Klub für Bogensport mittrainiert.
Bogenschießen ist eine Sportart, die man mit viel Disziplin recht schnell lernen kann. Man muss zumindest nicht schon im Kindesalter mit dem Training anfangen, um gut zu werden, wie es zum Beispiel beim Bodenturnen der Fall ist. Erstmal hab ich mich warm gemacht, mit Schulterkreisen und ein paar Übungen am Terraband. Und dann hat Trainer Johann Krost, der ürigens selbst erst mit 42 angefangen hat mit dem Bogenschießen, mir mit einem Anfängerbogen erste Anweisungen gegeben.
Alle ins Goldene, heißt es dann! Und ich hab sogar getroffen. Ich stand aber am Anfang auch nur fünf Meter vom Ziel weg und hab dann erstmal eine Weile geübt, um die Bewegungsabläufe zu verinnerlichen, Stand, Arme, Nase, Schuss. Entstanden ist diese Schießtechnik übrigens im Mittelalter, um bei Kämpfen über große Distanz anzugreifen ohne selbst verletzt zu werden.
Bogenschießen ist spannend – im wahresten Sinne des Wortes „anspannend“. Man braucht Körperspannung. Und man läuft natürlich regelmäßig zur Zielscheibe, um seine Pfeile wiederzuholen. Da macht man beim Training schon mal sechs Kilometer. Und die olympischen Bögen sind auch nochmal wesentlich schwerer als die Anfängerbögen. Sie heißen Recurvebögen. Damit werden bei den olympischen Wettbewerben zweimal hintereinander 36 Schüsse abgegeben, sprich 72 pro Wettkampftag. Mit diesen 72 Schüssen muss man möglichst viele Punkte sammeln. Und zwar auf einer festgelegten Entfernung von 70 Metern. Je weiter in der Mitte der Pfeil landet, desto mehr Punkte. Ziel ist die goldene Mitte. Für einen Treffer dort gibt es zehn Punkte. Es geht also nicht darum, wer am weitesten schießen kann, das wäre die Flight Archery, sondern wer am besten zielt. Aber dazu gehört nicht nur Fleiß, wie Johann Krost mir erklärt hat, sondern auch hartes Kraft- und Mentaltraining für starke Nerven.
In London treten zwei deutsche Schützen an – Elena Richter aus Berlin und Camilo Mayr aus Stuttgart, beide im Einzel-Schießen. Insgesamt sind fast 130 Schützen aus der ganzen Welt. Dabei sind die Amerikaner und die Koreaner mit die stärksten Schützen. In Korea ist Bogenschießen nämlich zum Beispiel Schulsport. Der beste Beweis: die erste Goldmedaille im Damenteam.
Einer, der die Nominierung für Olympia nur knapp verpasst hat, ist Dirk Tuchscherer, 44 Jahre alt, Schütze des deutschen Nationalteams und Deutscher Meister 2011. Für ihn sind die Olympischen Spiele eine große Faszination, für die es sich lohnt zu kämpfen.
Vielleicht sollte ich das auch tun. Mit regelmäßigem Training ist zumindest ein gewisser Erfolg möglich. Es gibt auch ein prominentes Beispiel. US-Schauspielerin Geena David – bekannt aus Knight Rider und dem Trio mit vier Fäusten – hat es 1999 mal in die Vorentscheidungen des US-Teams geschafft und machte im Finale Platz 24. Das hat aber bei 28 Teilnehmern nicht gereicht. Mein Trainer Johann Krost hat mir versichert, ich hätte zumindest ähnliche Chancen auf Landesebene. Für Olympia 2016 in Rio dürfte es allerdings eng werden.
Übrigens: Wer á la Robin Hood seinen Pfeil in der Mitte spaltet, darf ihn als Trophäe.
Ich arbeite dran…