Noch 19,195 Tage

Anita Horn Mein Marathon

Manche Tage sind doch echt komisch. Da steht man auf und könnte Bäume ausreißen und im Laufe des Tages verfließt die Energie, als wäre man ein vetrockneter Acker. Dabei hat alles mit Sonne, gesundem Frühstück und Bock auf Sport angefangen.

Ich war den ganzen Tag richtig fleißig. Ein bisschen arbeiten muss ich zwischendurch schließlich auch noch. Naja und dann habe ich überlegt, ob ich erst meine Tortellini mit Ricotta-Spinat-Füllung, Krabben und Brokkoli aufesse (Rest vom bestellen Vorabendessen… köstlich! Besonders die Sahnesoße…) und dann die Marathonstrecke mit dem Rad abklappere, oder ob ich laufen gehe und dann erst esse. Mein Hunger war aber zu groß und die Entscheidung schnell gefallen. Erst essen, dann sacken lassen und losradeln. Ich habe mich also winddicht verpackt und auf´s Rad geschwungen, nachdem ich noch etwa eineinhalb Stunden am Rechner saß, um den Streckenplan kleinteilig auszudrucken. Schon mal für meine Anfeuerer am Wettkampftag und damit ich genau sehe, wo ich überhaupt lang fahren muss. War ganz schöne Fummelarbeit…

Hat aber geklappt. Damit wäre eine Aufgabe vor dem Marathon auch wieder abgehakt. Sehr gut. Ich hab die Zettel noch schnell in Klarsichtfolien verpackt und dann ging´s los. Allerdings nicht in Laufrichtung und nicht vom Start in Deutz an, sondern in leicht abgeänderter Form. Der Marathon führt nämlich auch durch Ehrenfeld und deshalb habe ich mir einfach den Punkt gesucht, der am nähesten an meiner Haustür ist (Marathon-Kilometer 33) und habe da meine Pulsuhr angeschmissen. Außerdem bin ich gegen den Uhrzeigersinn gefahren, weil ich an Kilometer 24 noch meine treue Trainingsbegleiterin Nadine abholen wollte. Dummerweise wurde mir aber auf dem Weg ein wenig schummerig. Mein Ohr hat plötzlich komische Sausegeräusche gemacht und ich habe mir gedacht, dass Weiterfahren vielleicht nicht so schlau wäre. Jetzt muss ich dazu sagen, ich habe seit einigen Monaten (übrigens schon vor meinem Marathontraining!!) immer wieder mal kurze Schwindelanfälle. Dann halte ich mein linkes Ohr zu, atme tief durch und nach zwei Minuten ist alles wieder gut. Ich war damit auch schon mehrmals beim Hals-Nasen-Ohren-Arzt. Allerdings konnte der nichts feststellen. Meine Gleichgewichtsorgane sind top in Ordnung und auch meine Ohren selbst sind absolut gesund. Da ich nun gestern um die Uhrzeit – es war schon halb acht abends – keine normale Praxis mehr geöffnet hatte, bin ich kurzer Hand ins Krankenhaus. Nur um auf Nummer sicher zu gehen (keine Sorge, Mama, alles ist gut!). Da hat der HNO mich komplett untersucht und auch hier kam er zum Ergebnis: Alles ist gut. Ich kam mir schon vor wie eine Simulantin. Ich sollte weiter zum Neurologen. Ich also zum Neurologen im Krankenhaus. Aber die Wartezeit in der Notaufnahme lag bei mindestens vier Stunden.

Es war mittlerweile aber neun Uhr, also habe ich mich für mein Bett entschieden und wollte mich einfach gesund schlafen. Heute früh war ich dann bei meinem HNO des Vetrauens. Gleicher Befund: Ohren ok. Gleichgewichtssinn vorhanden. Was folgte war ein Griff in den Nacken und ein „Aha“.

Aha ist nicht gut. Aha ist immer sowas wie „Jetzt habe ich sie erwischt“. „Machen Sie viel Sport?“ Was für eine Frage. Jaha?! „Aha.“ Das könnte einiges erklären. Ich sei total verspannt. Spontane Akkupunktur (bäh, von wegen, die Nadeln würde man nicht merken…) an Kopf, Ohr und Nacken. Ergebnis: Ich habe nicht das Gefühl, dass ich verspannt und schon gar nicht entspannter bin als vorher. Außerdem war ich doch erst kürzlich bei der Thai-Massage, und ich tue auch sonst wirklich viel für mein Wohlbefinden. Stress habe ich im Moment keinen. Außer dass ich gerne den Marathon bis ins Ziel schaffen möchte… Und auch andere Menschen sind verspannt und fallen beim Training nicht fast vom Rad, weil sich die Welt um sie dreht.

Tja, Fazit ist also, dass ich Schwierigkeiten bekommen werde, mein Wochenziel von 50 Kilometern vollzukriegen. Ich mache heute nämlich einfach mal gar nichts. Vielleicht gehe ich in die Badewanne. Da kommt man schließlich auch ins Schwitzen. Und es gibt heute Thai-Curry bei mir. Schön scharf. Bringt den Kreislauf auch in Schwung. Sport mal anders. Übrigens – für alle Couchpotatoes, die jetzt meinen, Sport wäre Mord und das habe ich ja schon immer gesagt, das kann nicht gesund sein – mööööp! Fehlanzeige. Ich darf weiter trainieren und ich darf auch ärztlich bestätigt den Marathon laufen. Und das werde ich auch tun. Notfalls eben mit ein paar Trainingskilometern weniger.