Boah, zwölf Stunden gepennt! Großartig! Ich fühle mich zwar immer noch, als wäre ein voll beladener Laster im Schlaf über mich gerollt und hätte alle meine Knochen zermalmt und mitgenommen, aber ansonsten bin ich top erholt. Das Krafttraining hat gut reingehauen gestern. Eigentlich sollte es ja nur ein Stündchen werden. Aber wenn zwei Frauen zusammen ins Fitnessstudio gehen, gibt es zwei Möglichkeiten. Sie tun so als würden sie trainieren und tauschen eigentlich nur neuesten Klatsch und Tratsch aus. Bewegen ihre Ärmchen pseudointensiv und schwitzen nur, weil sie Angst haben, die big news vom Wochenende verpasst zu haben. Oder sie treiben sich gegenseitig an und zeigen sich hier noch eine neue Übung, machen da etwas mit gegenseitiger Hilfe und sagen sowas wie „Nur noch das Gerät da vorne“. Und plötzlich sind zwei Stunden ohne auch nur eine lange Pause um und man kommt kaum noch die fünf Minuten mit dem Fahrrad nach Hause, weil die Beine einfach nur noch hoch gelegt werden wollen (was aber nicht geht, weil der Bauch da nicht mitspielt und die Arme auch nicht nachhelfen können, weil die völlig erledigt an uns runterbaumeln)…
Gestern haben wir echt viel neuen Quatsch ausprobiert. Wir haben statt Hanteln diesmal Bodytubes um die Geräte gezogen und damit gegen die Schwerkraft oder das eigene Körpergewicht gearbeitet. Da gibt es großartige Übungen für die Brustmuskulatur, den Rücken und die Schultern. Richtig gut finde ich, sich mit Blick auf das Terraband in die volle Spannung zu hängen und dann die Arme auf Schulterhöhe abwechselnd rechts und links nach hinten zu ziehen. Die Anti-Schreibtisch-Bewegung, sozusagen. Wir machen viel zu wenig für unseren Rücken und Schultergürtel. Alle Bewegungen gehen im Alltag eher nach vorne: Autofahren, Abwaschen, am Computer arbeiten, selbst beim Zähneputzen und Schuhe-Anziehen beugt man sich und seine Schultern eher nach vorne, der Brustmuskel verkürzt sich und das Endergebnis ist eine echt miese Körperhaltung, hängende Schultern, irgendwann vermutlich noch ein Quasimodo-Buckel und dazu bestimmt auch noch irreversible Rückenprobleme (darin steckt das Wort „irre“. Wie passend, es ist doch bekloppt, von Geburt an mit Muskeln ausgestattet zu sein und die dann im Laufe des Lebens verkümmern zu lassen, oder?). Schön sind auch Partner-Cross-Übungen mit den Tubes. Man kreuzt zwei Tubes in der Mitte, dann gehen beide Trainingspartner soweit nach hinten, dass beide Tubes unter ordentliches Spannung stehen und dann zieht man abwechselnd schräg hoch, nach hinten, zur Seite. Sieht ein bisschen aus wie rückwärts boxen. Und macht irre Spaß. Nach den Tubes haben wir die Geräte unsicher gemacht. Und wie schon geahnt war das Fitnessstudio gähnend leer. Draußen Traumwetter, drinnen Klimaanlage. Muskeln kitzeln.
Am Latissimuszug habe ich dann das erste mal eine völlig neue Trainingsmethode ausprobiert. Die HIT-Methode. Weg vom typischen Drei-Satz-Training. Sondern nur ein Satz, bis zum Punkt des momentanen Muskelversagens. An manchen Geräten war es auch erstmal ein Herantasten an das Wiederholungsmaximum. Mit der HIT-Mathode (High-Intensity-Training) spart man sich also Zeit und nutzt den gesamten Muskel, und nicht nur die oberen Schichten, die beim Drei-Satz-Training letztendlich für die sichtbaren, trainierten Muskeln sorgen. Durch besonders langsame, sehr genaue Bewegungsausführungen werden so nicht nur die oberflächlichen Muskelfasern beansprucht, sondern nach und nach immer mehr kleine, tiefergelegene Muskelfasern hinzugeschaltet. Man trainiert letztendlich wirklich den gesamten Muskel. Deshalb ist ein Effekt erst nach mehreren Wochen sichtbar. Spürbar soll aber recht schnell werden, dass man zum einen deutlich an Kraft gewinnt, da der gesamte Muskel optimal ausgenutzt wird und zum zweiten, dass man durch die zusätzlichen Muskelfasern mehr Fett verbrennt und demnach das Verhältnis von Muskeln und Körperfett positiv beeinflusst. Bei dieser Art von Training sind allerdings zwei Punkte ganz wichtig: Dass man sich anstrengend will, weil man schließlich an seine maximale Kraftgrenze kommen soll. Und dass man sich danach entsprechend lange ausruht. Zwei Tage Trainingspause sind unbedingt empfohlen. Denn der Muskel wächst nicht während des Trainings, sondern in der Superkompensationsphase nach dem Sport.
Für Fortgeschrittene gibt es dann noch verschiedene Intensitätstechniken, mit denen man zum Teil sogar über die maximale Kraft hinweg trainieren kann. Das würde hier zu weit führen. Aber eine spannende Sache ist das. Gut, vielleicht muss ich jetzt doch noch einmal sagen, dass ich kein Tier werden will, keine Frau Schwarzenegger. Aber so schnell platzt man ja auch nicht aus allen Nähten, nur weil man mal pumpen geht. Ich finde definierte, trainierte Muskeln bei Frauen sehr attraktiv und sehe vor allem den gesundheitlichen Mehrnutzen. Auch das Herz ist schließlich ein Muskel und ich mag gerne gesund bleiben und alt werden, ohne dabei körperlich völlig abzubauen. Deshalb laufe ich auch nur einen Marathon. Das Training ist super, der Marathon an sich ja nicht unbedingt ein Spaziergang, der mal eben die Durchblutung fördert.
Ich fürchte, das werde ich heute mal wieder sehr genau vor Augen geführt bekommen. Heute sind meine 30 Kilometer dran. Von der Haustür bis zum Dom und dann am Rhein entlang bis nach Niederzündorf, bei Regen. Gerade gab es den ersten Schauer. Egal, Abkühlung gratis. Ich habe mich übrigens mit Power-Gel eingedeckt. Davon hab ich neulich gelesen und will es mal ausprobieren, soll angeblich ausdauernde Power geben. Man nimmt einen „Schluck“, allerdings ist es wohl eine sehr zähflüssige Masse. Deshalb muss man 400ml Wasser dazu trinken, damit man nicht einfach ein Kaugummi verschluckt. Inhalt: 65g Kohlenhydrate, davon nur 24g Zucker. Eiweiß und Fett unter 1g. Ich bin gespannt. Wenn das tatsächlich schnell und gut wirkt, wird das mein Begleiter für den Marathon. Jetzt muss ich nur noch rausfinden, ob Tropical Fruit oder Vanille besser schmeckt. Wobei gut-schmecken wahrscheinlich eh was anderes ist. In zwei Stunden geht´s los zum Rhein. Übrigens heute fast unter Wettkampfbedingungen. Ich werde mir jetzt ein reichhaltiges Frühstück genehmigen, zwei Stunden vor dem Lauf (nur die Uhrzeit stimmt nicht so ganz…). Mal sehen, ob ich mit einer Mahlzeit vor dieser Belastung auskomme. Bananen und Wasser kommen in Nadines Fahrradkörbchen und dann geht´s rund…